Rede zum Haushalt 2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Ratsmitglieder,
sehr geehrte Damen und Herren,

letztes Jahr haben wir keine Haushaltsreden gehalten, letztes Jahr hatten wir aber schon die Hoffnung, dass nach zwei Jahren Corona alles leichter werden würde. Wer konnte damals ahnen, dass das Jahr 2022 als eines der größten Krisenjahre in die Geschichte eingeht?

Krisen stapeln sich: Der Krieg in der Ukraine, drohende Rezession, Inflation, Energieknappheit, Klima und Black-Out Szenarien machen uns neben der anscheinend durchgestandenen Pandemie vor allem eines klar:  Krisenmanagement hat Konjunktur.

Außer Frage steht, dass die große Anzahl von Krisen Sorge bereitet, sogar Angst macht. Die bundesweit einzige Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“ eines großen Versicherungsunternehmens bildet ab, dass knapp die Hälfte der Befragten Angst vor einer „Überforderung der Politiker“ hat.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, diese Sorgen sind da, sie sind real und es ist unsere Aufgabe, sie anzunehmen. Und zwar nicht, indem wir sie anfeuern, sondern indem wir den Blick dafür schärfen, Zuversicht im Alltag zu sichern und Perspektiven zu bieten. Die Krisen unserer Zeit kann man nicht aussitzen und darauf hoffen, dass sie vorübergehen, damit man weitermacht, wo man aufgehört hat. Das funktioniert nicht! Die Welt, wie wir sie kennen, löst sich gerade auf. Aber dahinter fügt sich eine neue Epoche an.

Bürgermeister Lars König hat in seiner Rede zum Jahreswechsel darauf hingewiesen, wie gut die Menschen in Witten die großen Aufgaben bislang mit Übernahme von Verantwortung, Handeln und Zuversicht tatkräftig gemeistert haben. Lassen Sie es uns gleichtun.

Der Haushaltsplan 2023 endet tatsächlich mit einem zweistelligen Millionendefizit. Gerettet wird er durch die Möglichkeiten des Gesetzes zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie und dem Krieg gegen die Ukraine folgenden Belastungen der kommunalen Haushalte im Land Nordrhein-Westfalen. Ob sich dieses Minus dann im Jahresabschluss so bestätigen wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass jetzt nicht die Zeiten sind, durch weitere Haushaltsanträge das Füllhorn des Wohlstands auszuschütten.

Unser allererstes Ziel muss es sein, in unserer Stadt finanziell handlungsfähig zu bleiben. Nur dann können wir auch künftig selbstbestimmend den Herausforderungen der Zukunft begegnen. Wir gehen mit dem erwirtschafteten Geld verantwortungsvoll um. Der Haushaltsplanentwurf enthält große Investitionen, ist aber solide und nachhaltig und Alles, was politisch beschlossen ist, wird auch umgesetzt.

Explizit begrüßen wir, dass bei der Sanierung unserer Straßen einiges in Bewegung gekommen ist, die Zeit der Erstellung von Konzepten ist vorbei und wir sind ins Handeln gekommen. Die Pferdebachstraße ist nahezu fertiggestellt, die Billerbeckstraße saniert. Aber wir müssen weitere Straßen „fit machen“, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen: Das nächste große Projekt ist die Sprockhöveler Straße, es werden weitere Straßen folgen müssen. Der GPA-Bericht hat zum Zustand der Straßen eindeutige Zahlen geliefert. Ein Abnutzungsgrad von 65 Prozent ist gleichzusetzen mit einer beginnenden Überalterung der Verkehrsflächen. Wir begrüßen es daher sehr, dass die Mittel für die Straßenbau- und Sanierung in den letzten Jahren gestiegen und angepasst worden sind. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir die begonnene interfraktionelle Diskussion über eine Zusammenführung und Bündelung der existierenden Konzepte zu einer ganzheitlichen, dem technischen Fortschritt und dem Klimaschutz gerecht werdenden Mobilitätsplanung weiter fortsetzen könnten.

Dabei muss das Fahrrad als Verkehrsmittel einen entscheidenden Anteil erhalten. Wir haben diesen Anspruch bereits durch das Radverkehrskonzept und der Arbeit der Radverkehrsbeauftragten bedient. Ein Ausspielen verschiedener Verkehrsmittel untereinander halten wir aber für unverantwortlich und realitätsfern. Es gibt nicht „den Autofahrer“, „den Radfahrer“ oder „den Fußgänger“. Die Bürger wählen bewusst für ihr jeweiliges Anliegen das bevorzugte Verkehrsmittel.

So ist die Pkw-Dichte in den vergangenen zehn Jahren durchgehend gestiegen und im Vorkrisenjahr 2019 gab es so viele Pkw-Neuzulassungen in Deutschland wie noch nie zuvor. Auch im Jahr 2021, laut der zuletzt zur Verfügung stehenden Statistik, ist der Fahrzeugbestand auch im EN-Kreis weiter gestiegen.

Solange das Fahrrad auf bundespolitischer Bühne (die seit ihrem Ampel-Start für Überraschungen aber immer gut ist) nicht zum verpflichtenden Verkehrsmittel für alle ausgerufen wird, werden wir uns wohl auch in Witten auf einen weiterhin vorhandenen und intensiven Pkw-Individualverkehr einstellen müssen.

Und natürlich wünschen auch wir uns, dass mehr Menschen auf Fahrrad oder ÖPNV umsteigen und Carsharing einen größeren Raum einnimmt; es entspricht aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz einfach nicht der Lebensrealität in einer globalisierten Welt, die genau für die Durchlässigkeit und Teilhabe steht, die wir alle doch umgekehrt fordern. Daher müssen wir allen Verkehrsmitteln Raum geben und Aspekte der Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung und vor allem den technischen Fortschritt von vorneherein mitdenken. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass in wenigen Jahren immer noch große Gelenkbusse stetig im Kreis herumfahren, um eine mehr oder weniger zufällige Anzahl von an Haltestellen wartenden Personen mitzunehmen.

Die Möglichkeiten der Digitalisierung und des autonomen Fahrens werden uns in sehr naher Zukunft einen rund um die Uhr zur Verfügung stehenden ÖPNV ermöglichen, der mit der jetzigen starren Situation nicht mehr viel gemein haben wird.

Größere Akzeptanz für alternative Verkehrsmittel zum PKW werden wir nicht schaffen, indem wir es den Autofahrern immer schwerer oder unbequemer machen, sondern attraktive Alternativen anbieten. Der mündige Bürger wird dann selbst vernünftig entscheiden.

Die beiden Hallenbäder in Annen und Herbede sind bekannterweise in die Jahre gekommen. Über 55 Jahre ist das Bad in Annen alt und musste in den letzten Monaten mehrfach aufgrund von technischen Problemen immer wieder schließen. Wir freuen uns als CDU-Fraktion ganz besonders darüber, dass die Planung für ein neues Bad in Annen nun startet und wir in Witten hoffentlich wieder ein zuverlässiges Angebot zum Schwimmen und vor allem für den Schwimmunterricht und Vereinssport zur Verfügung haben werden.

Das beschlossene Schulbau- und Sanierungsprogramm bietet die Lösung, um den jahrzehntelangen Investitionsstau in diesem Bereich zu begegnen. Besonders freut es uns als CDU-Fraktion im Haushalt 2023 auch weitrechende Finanzmittel zur Breitbandanbindung der Schulen an das Internet vorzufinden. Dank Förderprogramme des Landes sind mittlerweile ein Großteil der Schulen mit iPads ausgestattet worden, die Nutzung scheitert leider aktuell noch häufig an den zu geringen Bandbreiten zum Zugang in das Internet. Dieser Zustand kann so nicht bleiben. Wir nehmen Geld in die Hand für die Bildung unserer Kinder.

Meine Damen und Herren, ein großes Problem sind nach wie vor die Personalkosten. Die Auswirkungen der bevorstehenden Tarifabschlüsse sind aufgrund der noch laufenden Verhandlungen nicht abzusehen. Trotzdem beschäftigen sich einige Haushaltsanträge sogar mit der Erweiterung des Stellenplans um weitere Stellen. Diese zusätzlichen Stellen belasten unseren Haushalt nicht nur im Jahr 2023, sondern auch in den weiteren folgenden Folgejahren. Eine Finanzierung gibt die Lage nicht her, im Gegenteil: Bevor weitere Stellen geschaffen werden, sollte die Konzentration zunächst einmal der Besetzung von vakanten Stellen gelten. Mit diesem Problem ist Witten nicht allein.

Im öffentlichen Sektor in Deutschland arbeiten mehr als fünf Millionen Menschen. Das eigentliche Problem: Der Mangel an Fachkräften in der Verwaltung und bei kommunalen Unternehmen wächst von Jahr zu Jahr. Wird die Lücke ungebremst größer, fehlen dem öffentlichen Sektor bis 2030 mindestens eine Million Fachkräfte. 

Es geht um nicht weniger als die Frage, ob der öffentliche Sektor seine Kernaufgaben in Zukunft noch erfüllen kann.

Eine konsequente Digitalisierung der Verwaltung ist die Antwort. Eine Stärkung von Motivation und Produktivität der Verwaltung sowie der stärkere Austausch mit der Privatwirtschaft und Kooperationen müssen zukünftig helfen, den Leistungsumfang des öffentlichen Sektors zu optimieren. Stellenpläne zu erweitern sind keine Lösung.

Die Verwaltung muss sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren und stets prüfen, ob teure, lähmende Verfahren oder gar Parallelstrukturen existieren. Dies gilt besonders für zeitlich begrenzte Projekte, denn mit befristeten Arbeitsverträgen sind kaum geeignete Mitarbeiter auf den Arbeitsmarkt zu finden. Dass so etwas nicht populär ist, das ist mir klar, aber ich habe ehrlich gesagt auch keine Lust, mir von einem „Sparkommissar“ irgendwann sagen zu lassen, wie viele Bleistifte wir in Witten noch bestellen dürfen. Dass Projekte aufgrund von Mangel an Personalressourcen ins stoppen kommen, ist ebenfalls keine Alternative. Die erfolgte Besetzung länger vakanter Stellen im Bereich der Verkehrsplanung ist auf jeden Fall eine positive Nachricht.

Mit diesen Anmerkungen wird die CDU-Fraktion dem Haushaltsplan 2023 sowie dem Stellenplan zustimmen.

Ein besonderer Dank gilt aber auch in diesem Jahr wieder all denen an der Aufstellung des Haushaltplanes beteiligten Mitarbeitern und Vertretern der Verwaltung. Hier darf ich stellvertretend dem Kämmerer Herrn Kleinschmidt recht herzlich danken.

Dank auch Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt.

Wir wissen, dass sie auch im abgelaufenen Jahr mit der ein oder anderen politischen Entscheidung nicht immer einverstanden waren. Dennoch sage ich Ihnen, dass das Wohl der Bürger unserer Stadt stets an oberster Stelle unseres Handelns stand und auch weiterhin stehen wird. Das darf ich als Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt Witten an dieser Stelle noch einmal nachdrücklich unterstreichen!

Volker Pompetzki

Fraktionsvorsitzender

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